Ich sehe schon aus historischen Erfahrungen keine Option auf eine stabile Verhandlungslösung mit Putin, der sich aufgrund seiner jahrelangen KGB-Tätigkeit grundsätzlich nicht an Verträge gebunden fühlt und nur das Recht des Stärkeren akzeptiert. Deshalb muss es einerseits leider eine militärische Lösung geben, die dank massiver Militärhilfe des Westens so katastrophal wie nur möglich für die russische Seite ausfallen muss und die Sanktionen müssen andererseits so verschärft werden und so lange andauern, dass Russland nie mehr zu einer derartigen militärischen Stärke kommt, dass es Nachbarländer überfallen kann.
Absolute Zustimmung. Aber und jetzt wird es unangenehm, wenn dem "Russen" schon nichts mehr bleibt als seine Würde, sein Glauben daran eine Weltmacht zu sein und wir (der Westen und die Ukraine) ihm vorführen, dass er eine solche Macht nicht mehr ist. Was passiert dann? Nachbarländer überfallen mit Truppen am Boden kann er dann vielleicht nicht mehr, zerstören kann er sie sehr wohl. Wie verhält sich ein so in die Ecke gedrängtes Volk? Eigentlich kann diesen Konflikt nur das russische Volk lösen. Wir müssen jedem Menschen der russischer Staatsbürger ist oder gewesen ist verdeutlichen, dass sie als Volk dafür verantwortlich sind und nur sie es beenden können. Die Möglichkeit der Beendigung von außen, wie es mit Nazi-Deutschland geschehen ist (zum Glück), gibt es angesichts von irgendwas um 6.000 Atomsprengköpfen nicht mehr. Ich habe die Hoffnung das Informationen irgendwie sich auch in Russland rumsprechen. Bis dies geschieht muss man aber den Machtapparat in Russland in so vielen Bereichen wie möglich beschäftigen, damit die Unterdrückung und Desinformation so schwierig wie möglich ist. Und ja möglichst viele Särge mit gefallenen russischen Soldaten sind sehr hilfreiche Informationen. Irgendwann wird jedes "Volk" kriegsmüde. Durch Kapitulation werden sie es sicher nicht.
Das sehe ich wie Du. Es wird niemand kommen und die russischen Soldaten raushauen. Das heißt aber nicht, dass sie für immer bleiben werden. Früher oder später werden sie wieder gehen. Was auch sonst?
Wenn Putin die Ukraine verlässt, dann hinterlässt er ein Regime wie in Belarus, wo Andersdenkende unterdrückt und eingesperrt werden. Ist das eine lohnende Zukunftsperspektive?
1. es existieren Verträge mit Russland, die genau diesen Fall des aggressiven Einmarsches ausschliessen? ein neuer Vertrag mit dem selben Vertragspartner und demselben Versprechen?
2. Eu Aufnahme: ein Grund weshalb die Aufnahme in die EU bisher und auf längere Sicht verweigert wurde ist die Korruption in der Ukraine...auch dort gibt es Oligarchen und Bestechung...welches als Hauptgrund für einen Nichtbeitritt in die EU angeführt wird.
zu 1. Die ukrainische Regierung möchte die Souveränität, so sieht es Vetragsentwurf vor, den sie selbst vorgelegt hat, bekanntlich über Garantien westlicher Staaten absichern.
zu 2. Der ukrainische Staat erfüllt zur Zeit in vielfacher Hinsicht nicht die Voraussetzungen für eine EU-Mitgliedschaft. Es geht bei den Verhandlungen RF-UA allein darum, dass die RF den EU-Beitritt nicht ausschliesst wie sie es bei der NATO-Mitgliedschaft und der Stationierung fremder Truppen und Basen tut. Albanien, Montenegro, Nordmazedonien sind ja z.B. seit Jahren schon im Status von Beitrittskandidaten, wo die Länder mit der EU bestimmte Abmachungen treffen z.B. über Warenverkehr, Zölle, Einreise etc.
Du verwechselst die Entwicklung, die die Besatzungszone West dank massiver Aufbauhilfe im rahmen des Marschallplans gemacht hat mit der Besatzungszone Ost unter russischer Besetzung. Ich denke es ist allgemein bekannt, dass es in der DDR kein "Wirtschaftswunder" gegeben hat.
Nein, das verwechsle ich nicht. Ich betrachte lediglich größere Zeiträume. Zwei oder drei Generationen (50 Jahre) nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands und der Besetzung durch die russische Armee gehört auch Ostdeutschland zu den lebenswertesten Regionen der Welt.
Zitat:
Zitat von Hafu
Der Krieg in der Ukraine wäre mit den Kampfeshandlungen nicht beendet, denn es gäbe weiter verdeckten Widerstand durch die Ukrainer und dementsprechend auch weiter Gewalt durch die Besatzer.
Auch ein Waffenstillstand und nicht einmal ein Friedensvertrag mit Russland kann die Ukraine auf Dauer befrieden, denn mit Russland unter Putin kann man keine Verträge schließen, da diese nicht eingehalten werden.
Das ist Spekulation. Außerdem wird Putin nicht ewig leben.
Zitat:
Zitat von Hafu
Wenn es zu einem Waffenstillstand kommen würde und Ukraine auf Krim und Donbass verzichtet, dann wäre die Ukraine für Putin eine Art unfinished Business wie es der Nordkaukasus nach dem ersten Tschetschenienkrieg war, als sich die russische Armee zunächst für einige Jahre aus Grosny zurückgezogen hatte (ähnlich wie die russische Armee vorerst die Einkesselung und Eroberung von Kiew aufgegeben hat).
Auch das halte ich für Spekulation. Was für Putin ein unfinished Business ist und ob er deshalb erneut einmarschiert, wissen wir nicht.
Zitat:
Zitat von Hafu
Nach einigen Jahren, wenn sich die russische Armee wieder aufgerüstet hätte, die Sanktionen gelockert worden wären, würde Putin zweifellos die "Entnazifizierung" der Westukraine vollenden, so wie er das im zweiten Tschetschenienkrieg dann mit Grosny und Tschetschenien getan hat.
Würde er das zweifellos? Ich halte das für ebenso spekulativ wie meinen Standpunkt. Jedenfalls würde ich für solche vagen Prognosen nicht zehntausende Menschen in den Tod schicken, ohne zunächst alle anderen Optionen zu versuchen.
Zitat:
Zitat von Hafu
Ich sehe schon aus historischen Erfahrungen keine Option auf eine stabile Verhandlungslösung mit Putin, der sich aufgrund seiner jahrelangen KGB-Tätigkeit grundsätzlich nicht an Verträge gebunden fühlt und nur das Recht des Stärkeren akzeptiert.
Auch wenn Putin sich nicht an einen Friedensvertrag halten sollte, was jedoch aus meiner Sicht reine Spekulation ist: Dann hat wenigstens das Töten aufgehört. Alles andere wird sich dann finden.
Zitat:
Zitat von Hafu
Deshalb muss es einerseits leider eine militärische Lösung geben, die dank massiver Militärhilfe des Westens so katastrophal wie nur möglich für die russische Seite ausfallen muss und die Sanktionen müssen andererseits so verschärft werden und so lange andauern, dass Russland nie mehr zu einer derartigen militärischen Stärke kommt, dass es Nachbarländer überfallen kann.
Katastrophal für die russische Seite bedeutet gleichzeitig: katastrophal für die ukrainische Seite. Es sind ukrainische Städte, Krankenhäuser und Bahnhöfe, die dem Erdboden gleich gemacht werden. Russland verliert Soldaten und Ausrüstung. Der Preis des Krieges ist für die Ukraine weitaus höher als für Russland.
Aufrüsten können die Russen auch nach einem verlustreichen Krieg ohne Probleme. Rüstungsgüter sind ein bedeutender Wirtschaftszweig und ein Exportschlager. Außerdem handelt es sich um eine Diktatur: Wenn der Machthaber aufrüsten will, rüstet er auf. Selbst das bitterame Nordkorea, das wirtschaftlich fast von der ganzen Welt isoliert ist, hat eine Bewaffnung, mit der wir es nicht aufnehmen können, wenn es hart auf hart kommt.
Ich sehe daher in Deinem letzten Argument keine Strategie, die Erfolg haben kann. Wir starten lediglich in einen kalten Krieg, der für alle Beteiligten nur Nachteile hat.
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Ich habe Susanne Leonhard "Gestohlenes Leben" gelesen.
Sehr erschütternd. Was ein Mensch aushalten kann ...
Da kann ich Dir und allen, die sich mit dem GULAG beschäftigen wollen, auch diese Biografie empfehlen.
Zitat:
Das Buch zeichnet die Lebensgeschichte einer jungen Frau nach, die nach dem Ersten Weltkrieg in einer schwäbischen bürgerlichen Familie aufwuchs. Sie studierte Kunst an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule, verliebte sich in den bekannten Arzt und Dramatiker Friedrich Wolf und erlebte die ganz große Liebe.
Früh wandte sie sich der linken Bewegung zu und leistete Widerstand gegen das erstarkende NS-Regime.
1933 musste sie Deutschland verlassen. Sie floh nach Moskau. In Engels studierte sie Pädagogik, heiratete den Journalisten Lorenz Lochthofen. 1938 wurde sie Opfer des Stalinterrors.
Diese Autobiographie kann als bemerkenswerter Beitrag zur Dokumentation der Endzeit der Weimarer Republik angesehen werden, als eine – erschütternde – Aufklärungsschrift zur Gulag- und Verbannungspraxis und -geschichte in der Sowjetunion und als Beitrag zur weiteren Klärung des Schicksal deutscher Politemigranten.