Was ist daran künstlich? Dein natürliches Umfeld ist durch die deutsche Kultur geprägt, wen Du bei deutschen Eltern aufwächst; wenn Du zwei Kulturen mitbekommst, sind es eben zwei, aber ebenso natürlich.
Künstlich sind die nationalen Grenzen in denen wir heute leben. Künstlich ist der Nationenbegriff den du verschiedenen Gruppen unterstellst. Letzterer entsteht hauptsächlich durch Zuschreibung von Außenstehenden und den damit einhergehenden Prozessen. Gerade zu den internationalen Fußballturnieren hat man gemerkt, wie der deutsche Nationalismus/Patriotismus aus(!)schließend gewirkt hat auf Grund zugeschriebener oder äußerlicher Eigenschaften. Ganz anders wiederum in Frankreich, wo Patriotismus nicht von "Abstammung" abhängig ist, sondern subjektiv bestimmt wird.
Stimmt leider; ein Teil davon ist sicher der von aequitas erwähnte natürliche Wandel der Kulturen. Aber Schuld daran, wenn andere Kulturen viel Einfluß gewinnen sind nicht zuerst die Fremden (weder Bill noch Ali), sondern der eigene Umgang mit der eigenen Kultur und Tradition. Z.B. ein Bildungswesen, das zu wenig den Wert und die Bedeutung der eigenen Identität vermittelt, bzw. eine Grundhaltung, die übertriebene Angst vor allem hat, was mit "nation-" anfängt - sicher als Folge des Nationalsozialismus gut erklärbar, aber deswegen nicht besser.
Wenn Bildung zum eindimensionalen Wissenstranfer wirtschaftskonformer Daten und Produktion unternehmenstauglicher Arbeitssklaven verkommt, muss man sich nicht wundern, wenn eigene Kultur und Tradition vergehen. Staat MINT mehr Geschichte, Literatur und Sozialkunde. Goethe contra Newton!
Wenn Bildung zum eindimensionalen Wissenstranfer wirtschaftskonformer Daten und Produktion unternehmenstauglicher Arbeitssklaven verkommt, muss man sich nicht wundern, wenn eigene Kultur und Tradition vergehen. Staat MINT mehr Geschichte, Literatur und Sozialkunde. Goethe contra Newton!
Ich bin Ingenieur und ich stimme Dir bezüglich Geschichte und Sozialkunde zu. Bestimmte Inhalte aus dem MINT-Bereich gehören ins Studium und nicht in die Oberstufe.
Bei Literatur: Ich bekomme Ausschlag, wenn ich an meinen Deutsch-Unterricht in der Oberstufe denke. Ich verstehe aber, wenn andere das anders sehen.
Künstlich sind die nationalen Grenzen in denen wir heute leben.
Wenn historisch entstandenes künstlich ist, dann ja. Wobei die meisten Nationen nicht innerhalb einer Grenze leben, sondern in Europa sehr häufig über mehrere Staaten verteilt leben, und somit die "nationalen Grenzen" kaum je eine Nation definieren können.
Zitat:
Künstlich ist der Nationenbegriff den du verschiedenen Gruppen unterstellst. Letzterer entsteht hauptsächlich durch Zuschreibung von Außenstehenden und den damit einhergehenden Prozessen.
Nein, Nationenbegriff, den ich meine entsteht durch gemeinsame Geschichte, Sprache, Kultur, Tradition; es entsteht in der Nation, als Identifikation und Selbstbild, nicht durch Zuschreibung von Außenstehenden.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Identität entsteht durch Identifikation (Eigenwahrnehmung) und Identifizierung (Fremdwahrnehmung). Der Begriff nationale Identität ist derzeit als Forschungsthema ziemlich aktuell. Auf Grund der negativen Konnotationen spricht man in der sozialpsychologischen Forschung von ethischen statt von nationalen Gruppen. Für Deutsche mit Mirgationshintergrund bzw. ausländischen Wurzeln werden in diesem Zusammenhang "Dualen Identitäten" propagiert, welche sich für die Migranten als vorteilhaft erweisen. Man spricht heute allerdings auch vom multiplen Selbst auf Grund kultureller Diversität sich aus Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gruppen ergebend (u.a. Tajfel & Turner, Theorie der sozialen Identität). Wie aber schon u.a. Hermann Hesse wusste kann eine Vielheit nicht ohne Ordnung bestehen. Von der intrasubjektiven Analyseebene auf die Makroebene extrapoliert bedeutete dies, dass es auf Grund von Vielheit einer Ordnung/Leitkultur bedarf, die natürlich historisch gewachsen ist. In diesem Kontext finde ich die Saphir-Worff-Hypothese bemerkenswert. Sie postuliert einen engen Zusammenhang zwischen Denken und Sprechen.
Von der intrasubjektiven Analyseebene auf die Makroebene extrapoliert bedeutete dies,
Von dem Zeug, dass Du geraucht hast, hätte ich auch gerne auch etwas.
Zitat:
Zitat von Trimichi
Für Deutsche mit Mirgationshintergrund bzw. ausländischen Wurzeln werden in diesem Zusammenhang "Dualen Identitäten" propagiert, welche sich für die Migranten als vorteilhaft erweisen.
Bei Aussiedlern und bei manchen hier Geborenen mit ausländischen Eltern geht das völlig an der Realität vorbei. Das sieht das mit dem Dualen anders aus. Sie fühlen sich selbst als Deutsche. Viele Deutschen, vor allem die vom rechten Lager, sehen sie aber als Ausländer.
Ich fühle mich jetzt auch nicht so besonders deutsch. Unter Heimat (mit Heimweh) verstehe ich meine Heimatstadt Kleve und das Gebiet drumherum zwischen Nijmegen (NL) und Xanten. Der Dialekt, die Landschaft, die Lebensart, der Baustil etc. - hier bin ich daheim. Wenn mich jemand nach Nationalstolz befragt, bin ich eher ein stolzer Europäer. Ich liebe zwar nicht unbedingt die Bürokratie, aber unser Kontinent und unsere Kooperation der Einzelstaaten - das finde ich super. Der offene Handel, überall arbeiten zu können, die gemeinsame Währung - super! Dafür nehme ich sogar die Bürokratie und Lobbyisten in Kauf.
Bezogen auf Deutschland muss ich leider sagen, dass mir die Niederländer näher sind als Ostdeutschland. Ich weiß, dass hier zwar viele Ostdeutsche mitlesen und -schreiben, ich will auch keinen beleidigen, aber ich glaube dass Niederländer uns hier am Niederrhein oder NRW ähnlicher sind als Ostdeutsche. Ausnahmen gibt es natürlich auch viele. Wahrscheinlich liegt es daran, dass mir die Wiedervereinigung bzw. der Beitritt zu schnell und plötzlich passierte. Die EU wurde gründlicher vorbereitet und hat sich somit bei mir auch besser verwurzeln können. Ich plädiere auch für eine gemeinsame europäische Armee zumindest der Kernländer.
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OUTING: Ich trage Finisher-Shirts beim Training, auf der Arbeit, in der Disco, auf Pasta-Partys, im Urlaub und beim Einkaufen
Wenn historisch entstandenes künstlich ist, dann ja. Wobei die meisten Nationen nicht innerhalb einer Grenze leben, sondern in Europa sehr häufig über mehrere Staaten verteilt leben, und somit die "nationalen Grenzen" kaum je eine Nation definieren können.
Deswegen sind sie ja künstlich im Sinne von willkürlich.
Wobei man sich dann drüber unterhalten kann, was eine Nation eigentlich sein soll.
Würdest du behaupten die deutsche Nation, das wären alle deutschsprachigen Menschen? Die Schweizer werden sich bedanken.
Zitat:
Wie aber schon u.a. Hermann Hesse wusste kann eine Vielheit nicht ohne Ordnung bestehen.