Wutzel meinte, dass es morgens keinen starken Wind gäbe , also probiere ich ausnahmsweise in Aerohaltung zu fahren. Die Strecke ist fast so schnell wie Regensburg(das etwas zu kurz war), jedenfalls für einen AKler deutlich schneller zu fahren als Roth. Auf das kleine Kettenblatt zu schalten ist völlig unnötig , da hat Roth ein Dutzend giftigere Hügel. Der Stemmer Berg ist total harmlos, wie auch die Kopfsteinpflasterpassagen, lediglich ist zu ahnen, dass ich bei starkem Wind ordentlich wackeln werde. Runde 1 mit 30 km sind knappe 59 Minuten, Runde 2 etwa eine Stunde, dann wird es deutlich böiger. Heiß ist es schon die ganze Zeit, die Luft kaum mildernd .
Nach einigen heftigeren Schüttlern traue ich meinen Reflexen nicht mehr, wechsle in den Griff auf die Aerobremsen. Dafür zog ich mir in den Wechselzone ja auch noch ganz gemütlich gepolstere Kurzfingerhandschuhe an.Runde 3 +4 absolviere ich trotzdem wieder jeweils in rund einer Stunde.
Doch jetzt nimmt das Drama seinen Anfang und ich bin selbst schuld . Die gnadenlose 13 schlägt zu.
Das Dosierschäufelchen daheim vergesen, musste ich meine Pampe am Samstag nach Gefühl rühren und verwendete in Relation auf die heißen Temperaturen zuviel Pulver. Energie hatte ich so zwar, aber das Durstgefühl nimmt zu, ich dörre aus. In Roth hätte ich am Anfang einer Verpflegungsstelle notfalls eine Flasche Wasser aufgenommen, große Schlücke getrunken und am Ende wieder entsorgt. In Limmer müsste ich dafür stehen bleiben, das wollte ich aber nicht, auch wenn ich ahnte, dass ich es büßen werde.
Die Negativspirale beginnt, zu spät, dass ich nachher doch noch eine Flasche Wasser aufnahm, bevor mir Herzblatt an dern zweiten VP wieder meine Pampe reichte. Meine Konzentration lässt nach, Sitzen wird schwer, ich gehe jetzt immer wieder aus dem Sattel, es wird drückend heiß.
Und doch fällt mir nichts besseres ein, als zu treten und treten, Runde 5 nochmals 1 Stunde, doch jetzt kippt die Stimmung.
Die einsamen Runden am Anfang fand ich super, ich brauche keine Massen um mich. Es ist für mich so entspannter zu fahren, wenn man nicht Zentimeter genau darauf achten muss in der Spur zu bleiben.
Trotzdem im Gegensatz zu dem einen oder anderen Staffelfahrer in Roth gab es bei den Mitteldistanlern nichts zu meckern . Nur ich selbst breche ein, traue mich mittlerweile nicht einmal mehr die Flasche zu greifen, verkrampfe, werde zu unsicher.
Irgendwie das Rad noch in die Wechslezone bringen, die Stelle herbeisehnen, ab der ich notfalls schieben könnte.
Geschafft im Ziel, Runde 6 ca. 1.05 Std, damit selbst gestoppte 6.05 Std., für mich immer noch sehr gut .
In der Wechselzone trinke ich sehr ausgiebig Pampe und trabe gemächlich los.
Mit gemischten Gefühlen sehe ich Yvonne am Streckenrand. Froh sie zu sehen und dankbar für die Aufmunterung , andererseits traurig, dass sie nicht weiter konnte, doch auch für mich nimmt mein erstes DNF immer realistischere Vorstellungen an. Ich bin platt, nicht einmal muskulär, auch auf dem Rad blieb ich im GA1 Bereich, aber die Luft ist so stickig und das im Freien.
Herzblatt steht Nähe Ruderhaus, wo man zweimal pro Runde vorbei kommt. zuerst trinke ich ausgiebig den mitgebrachten Sprudel, trabe weiter.
Um die Herrenhäuser Gärten gehe ich völlig ein , Sonne pur, keine Schwämme, kein Schatten, ich verglühe, kann nicht mehr.
Herzblatt zieht, meine Motivation, weiter, ich will zu ihr .
Ich erreiche sie, freue mich sehr, jetzt auch Su Bee persönlich kennen zu lernen.
2 atemberaubende Frauen sind zu viel für mich
Mein Kreislauf muckt, ich fühle, dass mir schwindlig wird, lege mich zuerst in den aufblasbaren Sessel, dann auf den Boden, Füße hoch.
Zum Glück kennen sich beide hier gut aus. Herzblatt schüttet kaltes Wasser über mich, reicht mir viel zu trinken, ich ruhe und denke: Wars das? Höre ich auf? 34 km noch gehen, falls ich überhaupt wieder hochkomme? Ich bin skeptisch, glaube nicht mehr an das Ziel, mein dreizehntes. Aber dann hätte ich beim nächsten Mal schon wieder das gleiche Theater mit der verflixten 13 .
Für was mich noch quälen, selbst Daueroptimstin Herzblatt ist skeptisch.
In dem Moment sprintet Franzi an uns vorbei, gefühlt war es wirklich so .
Jetzt habe ich mein Motto, mein heutiges Ziel: Für die Geschichte.
Etwas schneller oder langsamer, nein, das ist für mich keine Motivation, aber am Boden gelegen doch noch zu finishen, hätte was
Beim Aufziehenlassen bekomme ich fast einen Krampf, aber er vergeht wieder, ich auch, gehe weiter, probiere einfach, ich muss eh weiter Richtung Ziel, 18 min für den Kilometer .
@Andy, mein Ziel wäre sonst gewesen, für Dich die SUB 13 zu packen, aber das war jetzt schon völlig außerhalb meiner Möglichkeiten.
Am Kanal ist es wenigstens kurz etwas schattiger, ich versuche zu traben, es klappt, meine Ultralauferfahrung macht sich bezahlt.
Ich sehe Su Bee noch einmal, lasse mich aufmuntern und klatsche ab , trabe weiter, setze kurze Zwischenziele. Zum Glück gibt es pro Runde ca. 3 Möglichkeiten zum Bewässern. Ich stelle mich vor den Schlauch, lasse mich ausgiebig von oben bis unten mit kalten Wasser nassspritzen, herrlich, hilft, Kreislauf bleibt stabil.
Weiter, weiter, immer lahmer, doch immer noch im Trabtempo, visualisere das Gefühl im Ziel. Es dauert ewig, doch lange, lange Zeit später biege ich in die vierte und letzte Runde ein. Noch glaube ich nicht wirklich an ein Finish, der Kreislauf meldet sich wieder, über meine Energieversorgung habe ich komplett die Übersicht verloren, habe das Gefühl zuviel intus zu haben. mein Kreislauf streitet sich wohl mit meinem Magen, wer die letzten Energiereserven erhält . Fett habe ich genug, Kreislauf hat Vorrang. Ich verzichte auf weitere Energie, trage zur Sicherheit ein Notfallgel in der Hand und wechsle bei Km 34 ins Gehen. Da sollten die Fettstoffpolster reichen. Als letzte Notfallmaßnahme fange ich an Lieder zu summen, so vergesse ich nicht das kräftige Atmen und die Zeit vergeht.
Nein, ich bin kein Sadist , um mich herum ist keiner mehr. Später habe ich wieder nette Begleitung. er erzählt mir von seinen 100 Meilen oder seinem Doppeltriathlon, aber heute ist es einfach vielen zu heiß.
Ich riskiere nichts mehr, finishe gemütlich nach 13.25 Stunden. So langsam wie noch nie und doch so froh,es wieder geschafft zu haben.
Von 83 gemeldeten Teilnehmern sind anscheinend lediglich 45 ins Ziel gekommen.
Allen vielen Dank für die vielfältige Unterstützung.
Ich freue mich total, dass ich Euch endlich kennenlernen durfte
"Sprinte an Euch vorbei" ... und ich gestehe, dass ich kaum mehr richtig realisiert habe, dass Du auch da warst ... bloß "Herzblatt" hatte ich in jeder Runde auf dem Schirm und habe mich total über ihre Unterstützung gefreut
Mein Held ... Herzlichen Glückwunsch zum absolut starken Finish (keine 10 Pferde hätten mich gestern über 42 gelaufene km gekriegt...und schon gar nicht nach 180 km Radeln...)
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How you see things is how they appear. THINK DIFFERENT and you`ll see them differently The revenge of the IRONMOM
Da ich mitfühlen kann, wie es dir ergangen ist, bin ich beeindruckt von diesem unbändigen Durchhaltevermögen.
Da kann ich noch eine Menge von dir lernen.
Es war sehr schön dich und dein Herzblatt kennengelernt zu haben.
Hoffentlich kreuzen sich unsere Wege mal wieder.
Herzlichen Glückwunsch zum Finish und mal wieder meinen fassungslosen Respekt dafür, wie Du es schaffst, Dich völlig ausgelaugt bei üblen Bedingungen mit reiner Willenskraft über die Distanz zu tragen!