Das ist auch einer der Plausibilitätshaken an der ganzen Geschichte, der mich neben den anderen Ungereimtheiten vermuten lässt, dass die begebenheit so nicht stimmt bzw. so nicht stattgefunden hat.
Ich dachte auch zuerst: 1000 € pro Tag kann nicht sein.
Kurze Recherche hat ergeben, dass eine Ampulle von dem Zeug offiziell tatsächlich in der Größenordnung kostet, und nach einer Formel für die therapeutische Dosis (für Kinder mit Wachstumsstörung), die ich auch irgendwo gefunden habe (x mg / kg Körpergewicht) würde diese Ampulle wohl auch nur etwa für eine Dosis reichen.
Ganz unplausibel ist das mit den 1000 € also nicht.
Ich habe aber weder eine Ahnung, ob das für Dopingzwecke in dieser Dosis genommen wird, noch, wie häufig und wie lange das kosumiert wird.
...Ganz unplausibel ist das mit den 1000 € also nicht.
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ich hab' mich vielleicht falsch ausgedrückt:
Unplausibel ist nicht die Höhe der Medikamentenkosten, sondern unplausibel ist die Darstellung, dass die Sportler nach Pagels Darstellung das wachstumshormon ohne Schwierigkeiten auf Rezept ihres Arztes bekommen haben.
Damit hätte der Arzt sofort sein Arzneimittelbudget überschritten und müsste (um nicht selbst in Regress genommen zu werden) bei der KV Praxisbesonderheiten geltend machen und entsprechend begründen. Und von der Krankenkasse kämen darüberhinaus (wie oben dargelegt) konkrete Nachfragen.
Doping auf Kassenrezept, das funktioniert bei vergleichsweise niedrigpreisigen Präparaten wie Clenbuterol,Testosteron oder Anabolika (und entsprechend skrupellosen Ärzten), aber (meiner Kenntnis des Gesundheitswesens nach) nicht bei so hochpreisigen Mitteln wie Wachstumshormon oder Epo.
Achja: und diese -nennen wir sie mal- "Beschaffungsbarriere" ist imho einer der wesentlichen Gründe, warum das Dopingproblem im Amateursport glücklicherweise eine weitaus kleinere Dimension hat als im Bereich des (gut bezahlten) Profisportes. Und "gut bezahlt" sind im Bereich des Profi-Triathlons nur eine allenfalls einstellige Zahl von männlichen und weiblichen Triathleten.
Pagel: “Es handelt sich in beiden Fällen tatsächlich um dieselbe Geschichte. Die betreffenden Athleten sind Mitglieder einer Abteilung eines größeren Sportvereins. Es sind in erster Linie Triathleten; einige davon fahren aber ausschließlich Radrennen. Sie trainier(t)en aber gemeinsam und wurden auch gemeinsam von dem befreundeten Trainer, von dem ich die Informationen und auch die von mir analysierte Probe habe, betreut. Der Autor des Artikels im Tagesspiegel ist ebenso wie ich in erster Linie radsport-orientiert, sodass er sich beim Schreiben seines Textes ausschließlich auf die Rennradler bezogen hat.”
Quelle: Daniel Drepper, Sport und Recherche
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Wenn die Geschichte mit den dargelegten Details so stimmen würde (was ich selbst nach wie vor bezweifle), könnte man mit all diesen Hinweisen schon eine ziemlich genaue Eingrenzung des betroffenen Vereins vornehmen:
In welchem Verein in Nordrhein-Westfalen gibt es
1. ambitionierte Amateur-Triathleten (ohne Profi-Lizenz)
und
2. zusätzlich ambitionierte Rad-Amateure, die regelmäßig am Rennbetrieb teilnehmen
und
3. einen eigenen Trainer, der sowohl das Training der Triathleten als auch das Training der Radamateure überwacht?
(P.S: ich war im Lauf der vergangenen 20 Jahre (wohnortabhängig sowie für Liga-Starts) bei insgesamt sechs Triathlonvereinen hier in Bayern. Nur ein einziger hatte überhaupt einen für das Radfahren zuständigen Trainer (die meisten Triathlonabteilungen sind ja schon froh, wenn sie überhaupt einen Trainer für's Schwimmen auftreiben und finanzieren können), keiner dieser sechs Vereine hatte neben der Triathlon-Sektion auch noch eine eigene Radsportabteilung mit Athleten im Rennbetrieb. Mir würde auch bei all den anderen Vereinen hier in Bayern, die ich kenne, keiner einfallen, wo es diese Konstellation gibt.
Also mal nachgedacht: kommt die oben beschriebene Konstellation irgendwo in Nordrhein-Westfalen vor?
Scheint aber auch so (erst recht) eine merkwürdige Kombination.
Würde daher auch nicht ausschließen, dass die Story ganz oder teilweise erfunden ist.
Stimmt, hatte nur aus dem Gedächtnis rezitiert. Das wären also dann GS2- oder GS3-lizenzierte Radsportler. Die haben ja als Trainer i.d.R. ihren "sportlichen Leiter", der in Rennen auch im Begleitauto fährt und der im Regelfall keinem Sportverein angeschlossen ist.
Oder einem freien Journalisten ist grad nix Neues eingefallen und er hat eine alte Geschichte wieder aufgewärmt: FAZ.net vom 25.12.2008
Muß ja auch von irgendwas leben, der Arme.
Das Interview mit Herrn Pagel, das du zitierst finde ich aber ganz gut: er weist da (zumindest bezogen auf die Präparate aus Osteuropa) genügend deutlich auf deren unkalkulierbare Risiken hin.
Dieser Aspekt fehlt im Daniel-Drepper-Text fast völlig. Aussagen wie "Das Zeug hat gezündet wie Dynamit" oder "laut Analyse hochreiner Stoff" regen ja mehr zum Ausprobieren an, als dass sie abschrecken. Wenn man sich die Qualität vieler chinesischer Billigkopien beispielsweise von Qualitätswerkzeugen europäischer Hersteller wie .z.B. Stihl u.a. ansieht, gibt es wenig Grund anzunehmen, dass Wachstumshormon aus China, synthetisiert in Hinterhoflabors, weniger riskant für den Benutzer wäre als das aus osteuropäischer und aus Hirnanhangdrüsen gewonnene Hormon.
(P.S.: positiv finde ich auch die Aussagen von Pagel zu den NEM aus dem von Kallemalle verlinkten FAZ-Text und dessen Bereitschaft diesbezüglich mit dem BDR zu streiten.)
Das Interview mit Herrn Pagel, das du zitierst finde ich aber ganz gut: er weist da (zumindest bezogen auf die Präparate aus Osteuropa) genügend deutlich auf deren unkalkulierbare Risiken hin.
Vor dem Hintergrund, daß solche Berichte zur Aufklärung - was aus heutiger Sicht wohl das einzig wirksame Mittel der Bekämpfung sein dürfte - beitragen finde ich den Artikel natürlich auch gut.
Eigenartig ist halt, daß die Geschichte 2 Jahre später plötzlich mit neuem Kontext (der leider etwas verwaschen ist) erneut rausgebracht wird. Und bei der Drepper'schen Darstellung scheint mir die Aufklärugsabsicht nicht das Hauptmotiv zu sein.