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Alt 21.11.2018, 20:03   #77
ThomasG
Gesperrt
 
Registriert seit: 23.01.2012
Beiträge: 4.786
Zitat:
Zitat von dherrman Beitrag anzeigen
ThomasG:
"Ich glaube tatsächlich, dass es in unserer Gesellschaft sehr viel Angst gibt davor sozial abzusteigen.
Viele sind so ziemlich den ganzen Tag damit beschäftigt diesen Abstieg zu verhindern."

Damit bringst du viele Probleme, die unsere Gesellschaft hat, auf den Punkt.
Es ist normaler geworden als Mann in Elternzeit zu gehen. Aber gleich Teilzeit? Ohweh, dann ist die Karriere aber stark gefährdet. Ich kann nur für meinen IT/Tec spezifischen Bereich sprechen. In sozialen Berufen ist das eher nicht das Problem -sagen Freunden, die als SozPäd's arbeiten. Aber nur 50%

Und wenn ich Karriere machen will, oder aber nur nicht aus der Firma rauszufligegen muss ich mich mehr anstrengen, damit es der Firma weiterhin gut geht -dieses "Credo" höre ich als Freiberufler sehr oft. Wird gerne gebetet.
Damit steigt die Chance auf Burnout & Co. und der "soziale Abstieg" ist die Folge, obwohl man doch genau das nicht wollte.

Mit Kindern das gleiche, im Bekanntenkreis höre ich dann, diese Schule ist ein No-Go für mein Kind. Zu viele Migranten, die den Leistungslevel drücken. Da kann mein Kind nix lernen...

Danke für diesen Faden hier.

VG
Vielen Dank :-)!

Ich bin hier aufgewachsen (Jahrgang 1967) und lebe nach wie vor in meiner Heimatstadt.
In meiner Kindheit habe ich einen langsamen, aber stetigen sozialen Aufstieg meiner Familie miterlebt.
Mein Vater hat ein Jahr vor dem Abi das Gymnasium verlassen, weil er es sich nicht zugetraut hat.
Ab und zu hat er es uns erzählt.
Er bekam seine (zweite) Chance als er mit 27 Jahren noch einmal die Schulbank drückte.
Damals war diese Schule noch keine Fachhochschule, aber sie wurde nur wenig später zu einer solchen.
Gefördert wurde er durch seinen Arbeitgeber.
Er hatte wohl Glück mit der Berufswahl, obwohl es eher Zufall war, dass er diesen Weg einschlug.
Der ehemalige Chef meines Opas erkundigte sich nach meinem Vater und wollte wissen, was der beruflich vorhabe und meinte dann mein Opa solle ihn doch zu ihm schicken und bei ihm eine Ausbildung machen lassen.
Der Beruf passte wie angedeutet sehr gut zu seinen Fähigkeiten und Talenten und machte ihm sehr viel Spaß.
Das Selbstvertrauen und - bewusstsein konnte wachsen.
Drei Jahre lang besuchte er diese Schule und in der Zeit war er sehr selten daheim.*
Meine Mutter war sehr viel alleine mit zwei kleinen Kindern.
Wir wohnten zur Miete in einer Altbauwohnung im Dachgeschoss.
Die Miete wurde glaube ich wöchentlich in bar bezahlt.
Sie war ziemlich gering.
Mein Opa wollte mal auf dem Dachboden was nachsehen oder reparieren, da ist die Decke im Wohnzimmer an einem Eck leicht nach unten gedrückt worden.
Wir haben es schnell genug bemerkt und so wurde es nicht schlimmer.
Mein Vater schloß die Prüfung sehr gut ab und war einer der Besten.
Um ihn herum hauptsächlich Leute, die gerade das Abitur gemacht hatten.
Sie waren ihm anfangs überlegen, aber er hat fast alle überholt.
Zurück im Berufsleben setzte sich seine Karriere so fort.
Er stieg sehr schnell auf und verdiente immer besser.
Sein Job war sehr sicher.
Er meinte öfter, man müsse schon einen goldenen Löffel klauen, um den zu verlieren.
Wir zogen in ein Neubaugebiet, was gerade am entstehen war in eine große Eigentumswohnung.
Meine Schwester und ich hatten beide relativ große eigene Zimmer.
Das Wohnzimmer kam uns anfangs riesig vor.
In der direkten Nachbarschaft gab es auch Sozialwohnungen.
Hier wohnten wesentlich ärmere Familien oft kinderreiche.
Es gab eine Bezeichnung für diese Leute, die wir Kinder nicht verwenden sollten.
Die meisten Eltern versuchten dafür zu sorgen, dass das geschah.
Das Wort lautet "Barackler".
Die Leute haben nicht in Baracken gelebt glücklicherweise, sondern in zwar einfachen und schon recht heruntergekommenen Wohnblöcken, aber die bestanden aus Steinen, Beton und was man sonst noch so für den Wohnungsbau verwendet.
Viele der Kinder aus diesen Blöcken waren in der Schule eher schwach, aber so mancher wurde gegen Ende der Schulzeit deutlich besser.
Die meisten beendeten die Schule mit dem Hauptschulabschluß - ganz im Gegensatz zu den Leuten, die in meiner unmittelbaren Umgebung aufwuchsen.
Sie hatten aber einen großen Vorteil dadurch:
Sehr früh waren sie richtig in das Berufsleben integriert und sehr früh verdienten sie ihr eigenes Geld.
Ein großer Teil stieg sozial auf.
Einige nicht unerheblich.
Manche konnten sich später Eigentumswohnungen leisten und hatten eine eigene Familie mit Kindern (in der Regel wesentlich weniger Kinder als ihre Eltern haben).
Wenn man beispielsweise den Weg einschlug Bäcker zu werden, dann konnte man denke ich schon ganz gut verdienen, einfach weil es starke Belastungen gab.
Es musste ja nachts gearbeitet werden.
Die Menschen erlebten also im Laufe der 1970er bis vielleicht so Ende der 1980er, dass man durchaus zu was kommen kann, auch wenn die Startbedingungen nicht so gut waren.
Natürlich gehörte dazu auch etwas Glück, aber wie gesagt, gibt es nicht so wenige, die dieses Glück hatten.

*http://www.fh-schwetzingen.de/pb/,Ld...R+Schwetzingen

Geändert von ThomasG (22.11.2018 um 02:34 Uhr).
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