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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Rudergerät - was macht Ihr damit?
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Alt 27.02.2024, 12:27   #13
canoeist
Szenekenner
 
Registriert seit: 07.12.2018
Beiträge: 278
World Indoor Rowing Championchips

Erfahrungsbericht: World Indoor Rowing Championchips

"Dank" Concept2 bin ich inzwischen vom Triathlon praktisch komplett aufs Ergometer-Rudern umgestiegen. Meine Knochen vertragen das Laufen einfach nicht mehr, und Rudern tut dem Körper ausgesprochen gut. Und seit ich das Rudergerät mit Zwift gekoppelt habe, fliegen die Kilometer nur so dahin.

Warum dann nicht einfach mal zur Indoor-Ruder-WM anmelden? Sind ja nur 2000m, das kann doch eine Ex-Triathletin nicht erschüttern. Hier mein Erlebnisbericht.

Vorgeschichte: Ich bin keine Ruderin, ich komme vom Paddeln. Irgendwann kam Triathlon dazu, natürlich logischerweise auch Quadrathlon, und vor sechs Jahren habe ich mir ein Concept2-Ergometer gekauft, weil ich keine Lust mehr auf Fitness-Studio hatte und mir das Rudergerät als bester Allround-Ersatz erschien. Seit ich das Gerät mit Zwift gekoppelt habe, rudere ich im Schnitt 70-80 km pro Woche (also eine knappe Stunde täglich), manchmal sind's nur 45 Minuten, manchmal aber auch mehrere Stunden, wenn's auf die Alpe du Zwift hochgeht oder auf eine der langen Routen. Zwift-Rennen mache ich auch sehr gerne mit. Langweilig wird das nie, im Gegenteil.

Ende letzten Jahres habe ich mich kurzentschlossen zur Indoor-Ruder-WM in Prag angemeldet. Teilnehmen kann jede(r), man muss sich nicht qualifizieren. Aus den Zeiten der vergangenen Jahre war aber ersichtlich, dass die Zahl der "Gelegenheits-Ruderer" eher überschaubar ist. Also war schon ein gewisser Druck da.

Die Veranstaltung fand letztes Wochenende in der O2-Arena in Prag statt: Freitag die Rennen über 2000m, Samstag 500m. Ich war für beide angemeldet - wenn schon, denn schon.

Am 1.1.24 habe ich entgegen meiner Gewohnheit angefangen, nach Plan zu trainieren. Speziell meine Sprint-Fähigkeit war unterirdisch. "Lang" konnte ich wunderbar, aber 2000m und speziell 500m waren eigentlich viiiiel zu kurz für mich. Also habe ich knappe zwei Monate lang speziell Sprint-Intervalle trainiert, und siehe da, ich wurde tatsächlich in der kurzen Zeit deutlich besser. Ich konnte sogar endlich mal meine Zwift Fire Socks für ein paar Sekunden aktivieren

Tag vor dem Rennen
Donnerstag waren wir dann endlich in Prag. Am Abend ging's direkt zur O2-Arena, um die Akkreditierung abzuholen. Dort mussten wir uns erst mal durch die mehreren tausend Depeche-Mode-Fans durchquälen, die fürs abendliche Konzert anstanden. Trotzdem klappte alles wunderbar, wir konnten schon mal die Wettkampfstätte in Augenschein nehmen und waren echt beeindruckt. In der Halle waren ca. 60 Ergometer aufgebaut (verkabelt über Ethernet), in der Vorhalle standen nochmals ebenso viele Geräte zum Aufwärmen. Es gab reichlich Umkleiden, Toiletten, Verpflegung, Info-Stände, Großbild-Übertragung, Merchandising und was weiß ich nicht alles, definitiv einer WM würdig. Es wuselten schon jede Menge Teilnehmer und Betreuer umher, eine tolle Atmosphäre. Alle möglichen Landesflaggen waren vertreten, auch Exoten wie Iran oder Argentinien.



2000m-Rennen
Mein 2000m-Start am Freitag war um 11:58 Uhr (W50-54), also genug Zeit für ein gutes Frühstück und entspanntes Vorbereiten. Das Ziel war eine Zeit unter 8 Minuten, das hatte ich zuletzt vor drei Jahren geschafft. Mir war völlig klar, dass ich damit nicht konkurrenzfähig bin, aber unter die ersten 20 wollte ich schon gern kommen (gemeldet waren 24 Frauen in meiner Klasse). Das Warmrudern fühlte sich gut an (und hat mächtig Spaß gemacht inmitten von diesen ganzen Top-Athleten!). Dann ging's mit streng durchorganisiertem Einlauf, großer Lightshow und lautem Applaus raus auf die Wettkampffläche. Puh, Gänsehaut!

Man hatte noch ein paar Minuten Zeit, um sich das Gerät einzustellen (Höhe der Fußstemmbretter, Drag-Faktor, gewünschte Anzeige-Einheiten auf dem Display), dann kam auch schon der Start-Countdown. Zum Glück war der erste Start ein Fehlstart - ich hatte doch glatt vergessen, meine Fußschlaufen festzuziehen (im Training rudere ich fast immer ohne Fußschlaufen, im Rennen funktioniert das aber nicht ). Der zweite Start glückte.

Der Lärm war ohrenbetäubend (Musik, Hallen-Kommentator, Publikum). Das Adrenalin schrie mir zu: "Mach schneller, du kannst das, das läuft super heute!!!", aber ich habe mich trotzdem bremsen können und bin wie geplant mit einem Schnitt von 1:59/500m angegangen. Das fühlte sich auf den ersten 500m viel zu langsam an, auf den zweiten 500m dann okay. Die dritten 500m sind normalerweise die schlimmsten - man merkt deutlich, dass man sich eigentlich übernommen hat, und das Ziel ist noch endlos weit weg. Die Muskeln schreien nur noch laut: "Aufhören!!!". Diesmal waren aber auch diese dritten 500m noch okay. Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, dass ich in der Platzierung kontinuierlich nach oben gewandert bin, und sogar der Stadionsprecher verkündete irgendwann lautstark: "And here we have Kerstin Kastner from Germany, she's keeping an amazing constant pace and catching up, look at that!" - und prompt stand auch die Kamera voll vor mir.

Die letzten 500m waren auch noch richtig gut - für einen ordentlichen Endspurt hat es nicht mehr gereicht, also hatte ich tatsächlich alles rausgeholt. Und am Ende stand eine 7:56:7 auf dem Display - ich war überhaupt noch nie so schnell!

Resultat: Platz 7, beste Deutsche. Unfassbar. Das war ein perfektes Rennen, und das gleich zur Ruder-Wettkampf-Premiere. Die Siegerin war nochmal 33 Sekunden schneller, also eine Ewigkeit, aber ich hätte nie gedacht, dass ich so gut mithalten kann.

500m-Rennen
Die 500m am Samstag liefen dann leider nicht so optimal. Beim Warmrudern spürte ich die Belastung vom Vortag, aber weil das erste Rennen so unerwartet gut verlaufen war, wollte ich trotzdem mit meiner Wunsch-Pace von 1:44 angehen. Es wurde ein klassisches "Fly&Die" - die letzten 150 Meter ging es Zug für Zug bergab, der Körper konnte einfach nicht mehr. Ziel klar verfehlt mit 1:47:2, aber immer noch Platz 9, also eigentlich super. Und wie schon am Vortag war das Rennen mit dem ganzen Drumherum ein supertolles Erlebnis.

Die vielen tollen Begegnungen waren natürlich auch ganz große Klassse. Und schon allein die Möglichkeit, mal den "ganz großen" vor ihrem Rennen beim Aufwärmen zuschauen zu können, ist unbezahlbar. Die Jungs hauen mit ihrem allerersten Zug schon gleich mal ein Tempo raus, das ich selbst mit äußerster Anstrengung nie erreichen werde ... waow.

Hier noch ein kleines youtube-Video der Startphase eines Rennens. Sorry fürs Bildschirm-Flackern am Anfang. Und vielen Dank fürs Lesen - Row On!
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