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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Embrunman 2017
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Alt 08.12.2017, 22:24   #196
Rob Pawbaer
Szenekenner
 
Registriert seit: 20.07.2015
Beiträge: 253
Die erste Langdistanz beim Embrunman – dumme Idee oder genialer Einfall?

Als Einziger der Freundes- und Trainingsgruppe noch keine Langdistanz gemacht zu haben, ist nicht immer einfach. Mittlerweile hatten auch die meisten anderen im Verein die volle Distanz absolviert. Ich habe das doch auch drauf! So ergab ich mich den Sticheleien der Anderen und willigte ein 2017 zum IM Wales als Teilnehmer mitzukommen. Was da auf mich zukommen würde war mir so ungefähr klar und entsprach genau meinen Vorstellungen einer ersten Langdistanz, nämlich das Abenteuer zu suchen, das Ding einfach ins Ziel zu bringen und bloß nicht über Zeiten nachzudenken. So ungefähr genau in dem Moment indem ich die Anmeldung machen wollte, rief mich meine Frau an und erwähnte den einzigen Termin in 2017 an dem wir fest verplant sein sollten, der runde Geburtstag meiner Mutter. Natürlich am IM Wales Wochenende.. Es folgte ein zarter Versuch die Geburtstagsfeier nach Tenby verlegen zu lassen. Antrag gescheitert. Somit erstmal ein Loch und kein Plan B. Nach Lichtung des Nebels kam ich zu dem Schluss Alternativen Mitte/Ende August zu suchen. Irgendwie kamen in den engeren Kreis Regensburg, Hamburg und Embrun. Da zumindest einer der beiden Wales Kollegen sich nur anmeldete, weil ich ebenfalls meine Teilnahme angekündigt hatte, musste ich schon etwas „anbieten“ um aus der Nummer des plötzlichen „Kneifens“ wieder herauszukommen. Somit pflanzte sich der Gedanke ein und ein und ein. Vorher noch hier im Forum auf Meinungssuche gegangen und aufgeteilte Meinungen und Flachy´s Heldenbeitrag gestoßen. Also was soll der Mist? Anmeldung raus und auf geht´s!

Die engere Vorbereitung ab März lief weitestgehend optimal. Die Umfänge klappten wie geplant. Zu 99% beste Radfahrbedingungen, keine Schmerzen, stetige Trainingsmotivation, ein glückliches Händchen in Sachen Arbeitsbelastung an den wichtigen Koppeltagen, alles super! Die Mitteldistanz in Maxdorf als Vorbereitung musste jedoch aufgrund von Familienfeierlichkeit genauso ausfallen wie der Start beim Dreiländergiro (inkl. Anstieg hoch zum Stilfser Joch) wegen katastrophalen Wetter in Nauders/Reschenpass und Umgebung am Renntag. Somit blieb es eben beim Vertrauensaufbau durch die geleisteten Trainingsumfänge.

Nun rückte der Renntag langsam näher. Besonders aufgeregt war ich zunächst nicht und auch der Schlaf gelang sehr gut in den Tagen vor dem Wettkampf. Die Wetteraussichten zeigten ein Hitzerennen an, was mich zuversichtlich stimmte, da ich etwas Bammel vor nassen/kalten Bedingungen rum um den Izoard hatte. Die unmittelbare Vorbereitung lief dann ebenfalls gut und routiniert ab. Also konnte es endlich losgehen. Kurz vor dem Start im Dunklen war sie dann natürlich doch da, die Anspannung, die Nervosität und vor allem die Unsicherheit vor dem was der Tag so zu bieten haben würde. Geil!

In Embrun gibt es ihn (zum Glück) noch, den Massenstart von ca. 1000 Athleten. Für mich als schlechter Schwimmer hieß das natürlich hinten anstellen und so gemütlich wie möglich los schwimmen. Gesagt getan. Es war ein sehr schönes Schwimmen zu Beginn, da nach und nach die Sonne über den Berggipfeln rund um Embrun aufging und man so das Farbenspiel schön beobachten konnte. Die zweite Runde ging auch gut vorüber und somit ging es nach kompletten Klamottenwechsel ab auf´s Rad. Wie Harm schon beschrieben hat, ist man gerade eingeklickt als es im Ort nach einer Linkskurve direkt in den ersten Anstieg des Tages geht. Aber diese erste Anstrengung ist gleich vergessen, denn es bietet sich ein traumhaftes Panorama. Dennoch habe ich den ersten Streckenteil leicht unterschätzt. An der ersten Verpflegungsstelle nach 9km (!!) hatte ich wohl schon um die 40min auf der Uhr! Denn irgendwie endete der Anstieg in unzähligen kleinen, unrhythmischen Wellen (u.a. mit einer 18% Giftspritze). Der Rest der Einfahrrunde lief dafür dann sehr flüssig. Im weiteren Verlauf bis Guillestre und bis zum Izoard ist es wirklich ein wunderbarer Radkurs. Sehr abwechslungsreich und mit unzähligen tollen Ausblicken. Meine Freunde haben mir ausdrücklich ans Herz gelegt die Landschaft zu genießen und nicht zu sehr auf die Tube zu drücken. Daran hab ich mich strickt gehalten. Mein Puls war dennoch durchgehend bei 130.

Im Anstieg zum Izoard realisierte ich dann zum ersten Mal das ich mit einem Radsplit zwischen 7h und 7,5h bei weitem nicht hingekommen würde. War das Laufen nach solch einer langen Radfahrt schon schwer vorstellbar, wie sollte das erst werden, wenn ich noch 1h draufpacke? Aber gut darüber hatte ich wenig später keine Zeit mehr nachzudenken. Zuerst wurde ich per Kamera auf Motorhilfe kontrolliert. Gleich danach machte der Izoard ernst. Ich war in Brunissard angekommen. Zwei Teilnehmer lagen am Rand mit Krämpfen. Ich überholte einige Fahrer die wie an der Perlenschnur diese lange gerade Rampe hochkletterten. Der Puls erreichte die 160. Es waren aber noch rund 40min bis zum Gipfel. Also sollte besser der Rettungsanker gesetzt werden. Damit ging der Puls zurück auf 145. Neben mir fuhr für einige Minuten ein Franzose der von seiner Familie per Auto begleitet wurde. Seine Kinder schrien ihn ins Verderben. In jeder 2. Spitzkehre wartet die Familie und sie gaben alles um ihren Papa den Berg hochzubrüllen. Hoffentlich hat er das überlebt. Gesehen habe ich ihn nicht mehr. Oben am Gipfel waren 100km und 5h Fahrzeit rum. Ein Wahnsinn! Also erstmal ein Mars-Riegel aus dem Verpflegungsbeutel gefuttert und wie aus Reflex die Windweste angezogen (gefühlte 10min später wieder ausgezogen, zu warm).

Die Abfahrt war dann kürzer als erhofft und ließ sich recht flüssig fahren. Ab nun dachte ich müssen doch die Kilometer kommen, die man einigermaßen locker wegfressen kann. Nix da erst Wind und kurze Zeit später dieser ganz hässliche „Gegenanstieg“ Mur Pallon bei sengender Hitze. So schön wäre es, wenn man auf der Bundesstraße entlang der Durance einfach zurück Richtung Embrun fahren könnte. Aber nein man muss ja vorher unbedingt die unmöglichsten Buckel hochdrücken. Also ab da war es schon etwas zäh. Aber weiterhin entschädigte die Landschaft und im Großen und Ganzen lief es ja doch ziemlich gut. Richtig gemein wurde es dann kurz vor Ende des Radteils. Man fährt hoch nach Embrun und biegt an der Hauptkreuzung im Ort nach rechts! und nicht nach links ab, wo man eigentlich nur noch ein paar Hundertmeter runter in die Wechselzone rollen müsste. Nein nochmal 300Hm hoch bei 35 Grad. Zum Glück liefen ein paar Zuschauer nebenher und spendeten eine schöne Wasserdusche. So ging auch das letzte Radhindernis vorbei.

Kurz vor der Wechselzone wunderte mich dann über die vielen Zuschauer am Rand. Hm dachte ich, steigen jetzt erst so viele vom Rad? Kaum war ich vom Rad wurde der Sieger angesagt. Noch ein kleiner Schlag auf den Hinterkopf vor dem Marathon.

Komischerweise lief ich wie im Autopilotmodus los nachdem ich zwischenzeitlich auf dem Rad Gedanken hatte wie „nach 8h Rad noch nen Marathon laufen, nie und nimmer!“ oder „bis zu Wechselzone und dann ist Schluss!“. Auch hier zunächst fest an den Gedanken geklammert „so locker wie möglich Joggen“. Klappte ganz gut. Die gesamte erste Runde ging sehr gut vorbei. Genau auf Kurs 4h Laufzeit. Ich hatte auch großes Glück. Mittlerweile war eine Wolkendecke über Embrun. Es war noch sehr warm, aber keine Tropenhitze mehr. Der zweite Anstieg hoch in die Stadt klappte auch noch ganz gut, aber im Abstieg wieder runter zum Fluss merkte ich wie schwer die Beine doch mittlerweile waren und nicht mehr recht beschleunigen wollten. Naja gut, konnte ich da auch nicht mehr ändern. Also beißen jetzt und regelmäßig rein die Mojito Gels! Ziel war es die 2. Runde zu Ende zulaufen und dann mal weiterzusehen. Am Ende dieser traute sich meine Frau nicht mehr mich zu filmen oder ein Bild zu machen. Meine Psyche war etwas angeschlagen ;-) Ich hatte während des ganzen Laufens etwas Bammel. Ständig lagen Teilnehmer links und rechts der Strecke. Man konnte nicht recht erkennen, ob wegen Krämpfen, Übelkeit oder Kreislaufschwierigkeiten. Aber das ich das Ding jetzt ins Ziel bringen würde war ab jetzt klar. Und so boxte ich auch die 3. Runde irgendwie durch. Saugeil! Etwas blass und sichtlich abgekämpft schnappte ich mir ein paar Pommes und ein Bier und setzte mich wohlverdient auf meinen Campingstuhl in der Wechselzone. Es war wirklich geschafft. Richtig gut!

Nun die Antwort auf die Eingangsfrage. Für mich war es eine geniale Idee die erste Langdistanz in Embrun zu machen. Wiederholung nicht ausgeschlossen!
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