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dr_big 24.06.2022 17:27

Zitat:

Zitat von Mo77 (Beitrag 1667438)
Wo steht ihr?

Gar nicht, ich sitze auf dem Sofa.

qbz 24.06.2022 17:28

Zitat:

Zitat von Mo77 (Beitrag 1667438)
In Amerika hat man nun kein landesweite Recht mehr auf Abtreibung.
Die einzelnen Staaten werden es regeln. So die Hälfte will/wird es einschränken.
Hingegen darf man in Deutschland jetzt Werbung machen für Abtreibung.


Pro Jahr werden in Deutschland ca 100.000 Abbrüche vorgenommen und ein Leben absichtlich beendet.

Wo steht ihr?

Mir tun die amerikanischen Frauen leid, die jetzt dann im Notfall sehr weit fahren müssen und eventuell über wenig Geld und Unterstützung verfügen. Ausserdem kommt die psychologische Diskriminierung dazu, etwas im eigenen Bundesland "Verbotenes" zu tun.

Die Gesetzgebung in der ehemaligen DDR war für mich vorbildlich, die in DE verbesserungsbedürftig. Ich habe mal 4 Jahre bei Pro Familia beruflich gearbeitet.

Trimichi 01.07.2022 08:57

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1667446)
Mir tun die amerikanischen Frauen leid, die jetzt dann im Notfall sehr weit fahren müssen und eventuell über wenig Geld und Unterstützung verfügen. Ausserdem kommt die psychologische Diskriminierung dazu, etwas im eigenen Bundesland "Verbotenes" zu tun.

Die Gesetzgebung in der ehemaligen DDR war für mich vorbildlich, die in DE verbesserungsbedürftig. Ich habe mal 4 Jahre bei Pro Familia beruflich gearbeitet.

In Russland ist es wohl so, dass Frauen damit angeben noch nicht abgetrieben zu haben. Weil Abtreibungen in Russland als Bagatelle erachtet werden. Scheint dort normal zu sein. Deswegen hatte sich meine Ex (russ.-ukrain. Abstammung) wohnhaft in Sibirien auch damit gebruestet mir gegenüber nicht abgetrieben zu haben. Viele ihrer Freundinnen oder Bekannten allerdings schon?

Derzeit bilde ich mich fort im Bereich Kriminalpsychologie und Forensik (Rechtspsychologie) zum Sachverständigen. Es ist nicht einfach Schweigepflicht und Ermittlungsverbot, und die wissenschaftliche Forschungspraxis unter einen Hut zu bekommen an der Universität im Master.

Aus meinem Alltag/hypothetisches Beispiel: einem Probanden, dem eine Sicherheitsverwahrung droht, wurde wegen des Good Life Models (GLM) eine Rente und eine Wohnung bewilligt. Ein weiterer Besuch bei ihm steht an. Weil seine Freundin schwanger geworden ist. Er hat sich entschieden, dass Kind zur Adoption freizugeben. Abgetrieben wird das ungeborene Leben nicht. Ich versuche beim nächsten Termin diesem jungen Paar vllt insofern zu helfen, dauerhaft, dass eine Familie mit eigenem Kind wünschenswert und gut ist. Da ich mit dem Probanden befreundet bin, darf ich das eintippen. Er kann mich ja behelligen, dann wird es eben nichts mit mir als kriminalpsychologischer Sachverstaendiger? Und ich muss auch weiterhin familienrechtspsy. Gutachten erstellen wegen Existenzsicherung? Oder ich hänge eben nach dem M.Sc. den Doktor dran.

Da stehe ich, bzw. sitze an meinem Schreibtisch.

LG an dich qbz, Trimichi.

qbz 01.07.2022 10:15

Zitat:

Zitat von Trimichi (Beitrag 1668744)
....
Aus meinem Alltag/hypothetisches Beispiel: einem Probanden, dem eine Sicherheitsverwahrung droht, wurde wegen des Good Life Models (GLM) eine Rente und eine Wohnung bewilligt. Ein weiterer Besuch bei ihm steht an. Weil seine Freundin schwanger geworden ist. Er hat sich entschieden, dass Kind zur Adoption freizugeben. Abgetrieben wird das ungeborene Leben nicht. Ich versuche beim nächsten Termin diesem jungen Paar vllt insofern zu helfen, dauerhaft, dass eine Familie mit eigenem Kind wünschenswert und gut ist. Da ich mit dem Probanden befreundet bin, darf ich das eintippen. Er kann mich ja behelligen, dann wird es eben nichts mit mir als kriminalpsychologischer Sachverstaendiger? Und ich muss auch weiterhin familienrechtspsy. Gutachten erstellen wegen Existenzsicherung? Oder ich hänge eben nach dem M.Sc. den Doktor dran.

Da stehe ich, bzw. sitze an meinem Schreibtisch.

LG an dich qbz, Trimichi.

Es kommt bei der Gesetzgebung halt darauf an, dass die Frauen selbst entscheiden, wenn sie kein Kind möchten. Ich kann aus Erfahrung allen Betroffenen vor allem eine konfessionell neutrale Schwangerschaftskonfliktberatung empfehlen wie z.B. Pro Familia, die sehr viel Erfahrung damit haben.

Viel Erfolg bei der Fortbildung.
LG qbz

Trimichi 02.07.2022 08:22

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1668756)
Es kommt bei der Gesetzgebung halt darauf an, dass die Frauen selbst entscheiden, wenn sie kein Kind möchten. Ich kann aus Erfahrung allen Betroffenen vor allem eine konfessionell neutrale Schwangerschaftskonfliktberatung empfehlen wie z.B. Pro Familia, die sehr viel Erfahrung damit haben.

Viel Erfolg bei der Fortbildung.
LG qbz

Lieben Dank. Und besten Dank für den Hinweis und Tipp. Merci, so bin auch ich gut gebrieft die meine Fortbildung betreffend.

Glaube allerdings nicht, dass die Weltpolitik von meiner Fortbildung abhängt. ;) Wohl schon eher davon, ob in diesem NIKE-Laden im Parallelfaden die Tür zu bleibt! ;)

Denn Weltpolitik muss familiengerecht und auch schonende Klima- und Umweltpolitik sein, und letztere ist ja mit der Weltpolitik verklammert, hoffe ich.

Was gibt es also Neues: nichts. Wir machen wie Hafu, glaube ich, meinte alles richtig. Privat sparen wir, dass betrifft 20% der Einsparungen, und im Job geht es weiter so wie immer, denn 80% hängen von der Industrie ab. Und dort ändert sich nichts.

Es ist ja nicht einmal möglich, dass dieser NIKE-Laden seine Türe zumacht bei laufender Klimaanlage, und in 10 Jahren muss der Shop dann aber zumachen wegen hitzebedingter Umsatzeinbußen, da es zu heiss sein wird um noch draussen im Sommer zu joggen. Aber besser die Türe auflassen und vllt deswegen 1-2 Paar Schuhe mehr verkaufen pro Tag jetzt als mitzudenken, und folgerichtig zu handeln.

LG und schönen Samstag, allen Challenge-Starter_innen morgen viel Erfolg.

Trimichi

svmechow 02.07.2022 08:40

Zitat:

Zitat von Mo77 (Beitrag 1667438)
In Amerika hat man nun kein landesweite Recht mehr auf Abtreibung.
Die einzelnen Staaten werden es regeln. So die Hälfte will/wird es einschränken.
Hingegen darf man in Deutschland jetzt Werbung machen für Abtreibung.


Pro Jahr werden in Deutschland ca 100.000 Abbrüche vorgenommen und ein Leben absichtlich beendet.

Wo steht ihr?

Ich führe als Ärztin in der Gynäkologie einer grossen Berliner Klinik regelmäßig Schwangerschaftsabbrüche durch. Diese erfolgen bei uns in der Regel bis zu 14+O SSW gemäss §218a (Beratungsregelung). Wenn die sonographisch ermittelte Scheitel-Steiss-Länge 45 mm nicht überschreitet, erfolgt der Eingriff operativ mittels einer Saugkürettage. Bei grösseren Feten ist ein zweizeitiges Vorgehen notwendig.
Gelegentlich sehe ich die Patientinnen ein oder zwei Tage vor dem Eingriff und führe die Op-Aufklärung selbst durch. Nicht immer jedoch ist es gewährleistet, dass Op-Aufklärung und -Durchführung aus einer Hand erfolgen.
Meistens sitzen vor mir Frauen, die die Entscheidung zur Abruptio nicht leichtfertig getroffen habe. Frauen, die durch die ungewollte Schwangerschaft wirklich in Not geraten sind. Meistens Frauen zwischen 25 und Ende 30 und oft schon mit einem oder mehreren Kindern. Mir gegenüber müssen sich die Patientinnen nicht rechtfertigen, die meisten haben dennoch ein großes Bedürfnis, das zu tun. Mir ist das oft so, als müsse sie sich vor sich selbst rechtfertigen.
Die wenigsten Frauen finden das alles so komplett easy.
Worüber ich mich aber auch gelegentlich aufrege, sind Frauen mit mehreren Abruptiones in der Anamnese, insbesondere dann, wenn da so gar keine Reflektion stattfindet. Aber man muss die Patientinnen so nehmen, wie sie eben sind, und ausser einer vernünftigen und nachdrücklichen Verhütungsberatung kann ich da nicht viel tun.

Kein Arzt, keine Ärztin ist gezwungen, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Das wird absolut respektiert und die betreffende Kollegin hat daraus keinen Nachteil zu befürchten. In meiner Abteilung gibt es einige Kolleginnen, die das nicht tun und diese werden dann am Op-Tag für den jeweiligen Eingriff ausgelöst.
Ich habe mich irgendwann ziemlich zu Beginn meiner Karriere entschieden, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, weil ich der Meinung war und noch bin, dass Frauen weltweit und zu jeder Zeit in die verzweifelte Situation einer ungewollten Schwangerschaft geraten können und in dieser Situation eine medizinisch sichere Betreuung verdienen.
Ich hasse diese Operation. Ich weiss im Rahmen des Eingriffs ganz genau und merke es, wann das ungeborene Leben durch meine Intervention beendet wird. Das ist wirklich so richtig scheisse. Ja dann lass es halt sein, sagt dann schon mal der Anästhesist zu mir, wen wir ins Gespräch kommen.
Ich lasse es aber dennoch nicht sein. Oder noch nicht. Die Anzahl der Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen bereit sind, nimmt auch in Deutschland eher ab als zu. In Berlin ist das aktuell noch kein Problem, aber ich habe immer wieder auch Patientinnen aus dem Umland, die außerhalb der Ballungszentren einfach niemanden finden. In anderen Bundesländern und insbesondere dem ländlichen Raum ist die Situation prekär.
Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen oder einfach die Erschwerung dadurch, dass kein Angebot vorgehalten wird, führt nicht zuverlässig dazu, dass das weniger geschieht.
Es führt innerhalb Deutschlands zu mehr Reisetätigkeit und weltweit zu illegal durchgeführten und medizinisch fragwürdigen Abbrüchen.
Ich habe das know-how und das Recht, in einem einigermaßen klar vorgegebenen juristischen Rahmen Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen und mache das weiter, weil ich exakt null Todesfälle durch unsachgemäß erfolgte Abbrüche sehen will.

Aber der Eingriff selbst ist und bleibt scheusslich.

welfe 02.07.2022 09:18

Ich bin sehr froh, Steffi, dass du das so schreibst! Ich könnte mir für mich keinen Abbruch vorstellen. Drei meiner vier Kinder waren nicht geplant (aus unterschiedlichen Gründen), ich erfülle alle „0,xx“ Prozent Unzuverlässigkeit des jeweiligen :) Verhütungsmittels. Aber ich war in einer stabilen Partnerschaft, finanziell abgesichert und konnte auf Unterstützung zählen. Heute bin ich über alle 4 froh und habe ein Nr 5 dazu geheiratet.:)
Meine Tochter wurde mit 18 mitten in der Ausbildung schwanger. Ich bin sehr froh, dass sie die Möglichkeit hatte selbst zu entscheiden. Mir haben sich allerdings die Haare gesträubt, als sie eine Freundin mitbrachte, die - gleichaltrig - völlig sachlich von ihren drei Abbrüchen erzählte und dass das ganz easy sei. Heute ist meine Enkelin 8 und der Mittelpunkt einer Großfamilie.
Abtreibung beendet Leben, das denke ich persönlich schon (ob nun potenzielles Leben oder schon Leben halte ich für Haarspalterei). Hut ab vor allen, die eine solche Entscheidung fällen und/oder verantworten müssen. Aber was in den USA geschieht, kann ich nicht fassen. Hier wird eine politisch-moralische Keule gegen Frauen geschwungen und zwar größtenteils gegen Frauen, die sich nicht wehren können. Gut situierte, vernetzte Frauen werden immer noch einen Weg finden eine unerwünschte Schwangerschaft zu beenden.

Flow 02.07.2022 15:06

Zitat:

Zitat von svmechow (Beitrag 1668913)
Ich [...].

Danke für die Ausführungen der differenzierten Sichtweise ... :Blumen:


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